Pack-Papier im Haus Metternich

Wenn aus Packpapier Kunstwerke entstehen

Kunstverein Mittelrhein KM 570 zeigt Arbeiten aus ungewöhnlichem Material

 Dr. Lieselotte Sauer-Kaulbach

 

Gewöhnlich ist es hellbraun, manchmal hat es ein feines Streifenmuster und kommt meist von der Rolle: Packpapier. Praktisch zum Einwickeln, als Material für Kunst eher weniger gebräuchlich. Doch wie gut genau das funktionieren kann, demonstriert der Kunstverein Mittelrhein KM570 mit einer „Pack-Papier“ überschriebenen, sehenswerten Ausstellung im Künstlerhaus Metternich.

Der Bindestrich im Titel signalisiert eine gewollte Mehrdeutigkeit des Themas. Da geht es denn auch nicht bloß ums Packpapier, sondern um Papier generell, das 13 Künstler, Mitglieder und Gäste des Kunstvereins anpackten. Wirklich mit Packpapier arbeitet nur Manfred Lipka, Fotograf und Kunsterzieher. Er lichtet unterschiedlich entrolltes Packpapier für seine C-Prints ab und macht abstrakte Objekte.

Irritation stellt sich – beabsichtigt – bei den Fotografien Helga Persels ein. Deren Motiv ist das Innenleben auseinandergefalteter Pappschachteln, sind „Raumhüllen“, die fotografisch gesehen verblüffend räumlich wirken. So wie auch die Wandarbeiten der in Mainz lebenden Städel-Schülerin Angela Tonner, die mit auf geometrische Holzteile aufgezogenem, bemaltem Papier spielt.

Papierstreifen verhäkelt die Bopparder Kunsterzieherin Melanie Müller zu einem an skurrile Meeresbewohner erinnernden Gebilde. Nicht weniger von der Natur inspiriert sind die fragilen, zwischen Werden und Vergehen angesiedelten „Papierfrüchte“ der Berchtesgadenerin Anita Grimm-Borchert. Natürliches könnte auch bei dem in Nagold lebenden Peter Dorn mitschwingen, in seinen teilweise aufgefalteten, bezeichneten Pergamentpapier-Chiffren, die an Genomketten erinnern. Spinnennetzen gleichen die aus hauchdünnen Papierstreifen geschaffenen Kreationen der in Adenau geborenen Dorthe Goeden, vielschichtige „Gedankengeflechte“ mit gegenständlichen, landschaftlichen, pflanzlichen Einsprengseln. Erinnertes spielt auch in einer Installation Ute Krautkremers mit dem Titel „Mamas Nussbaum“, mit. Sie ist Teil einer Serie, in der die Künstlerin aus Spay mit Papiermaché die skurrilen Formen alter Bäume abgießt. Was bleibt, ist eine Art aufgebrochener „Papierrinde“, ist nicht die Substanz, sondern nur deren vergängliche Hülle. Papiermaché setzt auch Kirsten Krüger aus Düsseldorf ein. Eine Installation heißt „Abziehendes Gewitter“, hier kommt auch teils eingefärbter Holzkohlestaub zum Einsatz. Der verleiht auch der aus einem Tisch und einem schwebenden, aufgeplatzten „Stein“ bestehenden Arbeit eine beinahe sakrale Aura.

In den poetischen Traumbildern Anne-Katrin Schreiners treten virtuos geschnittene Papiergespinste an die Stelle von Farbe und Pinsel. Die Vielschichtigkeit teilen sie mit den Arbeiten des in Lahnstein geborenen, in Siegen lebenden Martin Dicke, Schichtwerk aus Ebenen, in denen sich Malerei, Collage, Fotografie, Reales und Fiktives kreuzen. Zu den notorisch Papier-Verliebten zählen schließlich Sylvia Klein und Rita Eller: Die eine collagiert in ihrer Serie „Das verlorene Ich“ menschliche Gestalten aus Schnittmustern. Die andere zeigt Bücher, bei denen sich papierene, abstrakt gestaltete Bilderseiten kaum zwischen den Buchdeckeln halten lassen.

RZ Koblenz und Region vom Donnerstag, 13. Juli 2017

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