KM 570 stellt seine Neumitglieder in einer abwechslungsreichen Schau in Koblenz vor
Mittwoch, 14. Mai 2025, Rhein-Zeitung Koblenz & Region, Seite 11
Frische Kunst von neuen Köpfen
Von Stefan Schalles
KM 570 stellt seine Neumitglieder in einer abwechslungsreichen Schau in Koblenz vor
Koblenz. Was neu ist, zeigt der eine gern – und der andere will es sehen. Das ist ein natürlicher Reflex menschlicher Neugier, dem in Koblenz derzeit auch der Kunstverein Mittelrhein (KM) 570 nachkommt. Der kreative Zusammenschluss aus dem Stadtteil Ehrenbreitstein ist seit 2022 um stolze 13 Mitglieder gewachsen – und stellt eben die nun anhand ausgewählter Arbeiten im Haus Metternich vor.
Nicht die erste Werkschau dieser Art und doch keine ganz gewöhnliche für den Verein, wie dessen Vorsitzender Uli Hoffelder erklärt, denn: „Wir haben zunächst mal den Anspruch, unsere Mitglieder an die Kunst heranzuführen, bestreiten unsere Ausstellungen aber im Normalfall mit eingeladenen Gästen von außerhalb.“ Wenngleich die Neuzugänge der interessierten Öffentlichkeit natürlich auch nicht vorenthalten werden sollen, und so bietet man ihnen beim KM 570 nun alle zwei, drei Jahre die große Bühne zum Auslegen ihrer kreativen Visitenkarten. Mit viel Raum für die einzelnen Positionen, wie Hoffelder betont, und „bewusst ohne Vorgabe eines bestimmten Themas, damit jeder sich so präsentieren kann, wie er möchte“.
Wie facettenreich die Ergebnisse solch darstellerischer Freiheit ausfallen können, zeigt sich dabei recht gut in der Gegenüberstellung von Bar‐ bara Friebe und Stefan Fischer: hier die ausgeformte Faszination für den Kokon, den die Künstlerin konventionslos räumlich interpretiert und mit ihren fragilen Papierarbeiten in stetig wechselnder Gestalt fortentwickelt. Dort die Plastiken Stefan Fischers, der die Köpfe realer Menschen in unterschiedlichen Abstraktionsgraden verfremdet, sie teils gar miteinander verschmelzen lässt.
Beruhigend eindeutig wirken im Kontrast hierzu wiederum Fischers Pflanzenbilder, die der in Remagen wohnhafte Künstler dem heimischen Garten entlehnt und nun gleich hinter seinen Büsten ausstellt. Wobei die Malerei in dieser Werkschau ohnehin die große Mehrheit bildet, sich in nahezu allen erdenklichen Ausprägungen zeigt, mal in Form wild wuchernder Farbexplosionen, wie sie Thomas-Peter Rosinski auf der Leinwand zündet, dann wieder konkret landschaftlich bei Stefanie Knerr, die in ihren Acrylgemälden unter anderem Motive der Ettringer Lay oder isländischer Gletscher versammelt.
Spannend sind daneben schließlich auch die Arbeiten Gerd Rödels, der sich zwischen Bahnschienen und Industriehallen immer wieder Orten zuwendet, die einst belebt waren und nun verlassen scheinen, der den Blick in die Vergangenheit richtet und dabei ein spürbares Maß an Nostalgie walten lässt. In seiner auf Pappe und Papier verewigten Kunst beschäftigt er sich „vor allem damit, wie wir mit Gebäuden oder Land‐ schaften, mit unserer Geschichte umgehen, und was damit passiert, wenn sich niemand mehr darum kümmert“, erklärt der im ostthüringischen Altenburg lebende Maler – und verweist exemplarisch auf das Bild eines einst stattlichen Gehöfts nahe der Heimatstadt, das lange Zeit ver‐ nachlässigt worden sei und inzwischen einem Parkplatz für Baufahrzeuge habe weichen müssen.
Ein nachdenkliches Thema, wie es ganz ähnlich auch Stephanie Brühl aufgreift in ihrer „Der Wunsch friert“ betitelten Installation, in deren Zen‐ trum zwei herabhängende Stoffbahnen die Form eines recht luftigen Zeltdachs andeuten. Die Arbeit, erklärt die Künstlerin, sei inspiriert durch das Drama „Wie man Wünsche beim Schwanz packt“, das einzige (und höchst surrealistische) Bühnenstück Pablo Picassos, in dem der Maler 1941 seinen Alltag im von der Wehrmacht besetzten Paris verarbeitet.
Teils schräge Texte über ein Leben inmitten von Isolation, Zensur und der Sehnsucht nach Freiheit, dessen Grundton sich durch Brühls Instal‐ lation schließlich auch problemlos in die krisengeplagte Gegenwart übertragen lässt: „Zwischen Besatzung, Hunger, Kälte und Ödnis“, nennt sie äußere Einflüsse, die rund um das Zelt auch auf Pappe verschriftlicht den Boden bedecken, „flackert der Wunsch nach Schutz – und ver‐lischt.“
Die Ausstellung ist bis zum 1. Juni zu sehen, jeweils donnerstags bis sonntags von 16 bis 19 Uhr.