Luminale zeigt Facetten des Lichts

RZ vom 7.4.2008, Rhein-Hunsrück-Ausgabe

Erstmals ist der Mittelrhein Schauplatz eines Festivals, das seine Wurzeln in einer Fachmesse in Frankfurt am Main hat

Diesmal steht der Rhein nicht in Flammen. Die Luminale richtet ihren Fokus erstmals auch auf markante Orte im Welterbetal. Sie erscheinen dank des Ideenreichtums von Künstlern in Verbindung mit dem Know-how von Fachfirmen in einem ganz neuen Licht.
MITTELRHEIN. Feuer frei für die Luminale: Seit dem vergangenen Wochenende hat das Lichtfestival aus dem Frankfurter Raum auch den Mittelrhein erfasst. Wie ein Lauffeuer hat sich die Nachricht vom ausstrahlenden Großereignis verbreitet, und so staunte Lichtkünstler Ingo Bracke nicht schlecht, als sich trotz Dauerregens wahre Besucherströme an der B 9 bei St. Goar ergossen, um seine Lichtinstallation an der Loreley zu bewundern.


"Ich weiß nicht was soll es" - diese Zeilen des Heine-Gedichtes erscheinen nun allabendlich bis zum 14. April nach Einbruch der Dunkelheit bis 24 Uhr auf der Loreley. Ein Ort der tagsüber nur als nackter Felsen erscheint. Erst die Romantiker machten ihn durch ihre Dichtung zum Mythos. Oder wie es Bracke sagt: "Die ideengeschichtliche Projektion wirkt stärker als der Ort selbst." Auch er nutzt den Felsen nun als Projektionsfläche und "beschreibt" den Mythos mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts neu. 
Während die Loreley schon am Freitagabend erstrahlte, war Bacharach am Samstag und am Sonntag Feuer und Flamme für die Luminale. Vieles war um das elementare "Feuer" geplant. Leider kämpfte die Veranstaltung mit einem anderen Element, dem Wasser von oben. Trotzdem sprang der Funke über: Vom Künstler über den Koch bis zum Sportverein brachten sich viele Akteure ein. Für den Luminale-Organisator Helmut M. Bien war Bacharach daher das "sympathischste" der 230 Projekte zwischen Frankfurt und Koblenz, da sich die ganze Stadt mit glühendem Eifer jener archaischen Form der Beleuchtung hingab. "Menschliche Gemeinschaften bilden sich ums Feuer", so Bien, und wie zur Bestätigung entfesselten die Bacharacher die Urgewalt des Lichts: In einer unvergleichlichen Feuer-Choreografie loderten die Flammen. Vier Großfeuer auf den Höhen setzten Glanzpunkte. Sie waren auch ein Symbol für die Zusammengehörigkeit im gesamten Oberen Welterbetal. Feuergeister spukten von der Stahleck hinab. Mit Schwedenfeuern war ein Aufgang zur Burg illuminiert. Kinder vom Sportverein Blau-Weiß standen auf der Stadtmauer mit brennenden Fackeln Spalier.

An der Mündung desMünzbaches, direkt am Rheinufer, hatte Pedi Matthies gemeinsam mit den Pyrotechnikern von Stockmanns sieben streng geometrische Feuerskulpturen aufgebaut. Schwarzpulver, Knallkörper, Pech und Schwefel sorgten für die besonderen Effekte.

Bei Rheinkilometer 570 in Boppard zeigt die Luminale eine ganz andere Facette: Studenten der Kunsthochschule Saarbrücken haben zusammen mit Lichtschöpfer Ingo Bracke, dem Frankfurter Atelier Goldstein und dem Kunstverein Mittelrhein in der Villa Belgrano die Rückkehr rheinischer Mythen inszeniert. Sie erzielen mit geringen Mitteln unter dem Titel "IchWeißLicht" verblüffende Einsichten und Effekte.


Auch ein Blick auf die Burg Rheinfels in St. Goar vermittelt in diesen Tagen neue Ansichten. Das Gemäuer gibt sich als "Mystic Castle", Veranstalter ist das Romantik-Hotel, und die Ausführung hat die Kunstlicht GmbH Kassel übernommen.

In der Oberweseler Liebfrauenkirche hat es Stefan W. Knor auf mehr als auf flüchtige Farbenspiele abgesehen. Er flutet das 700 Jahre alte Kirchenschiff mit Licht: Die wechselnden Farben gehen eine Symbiose mit den Klängen eine, die Regionalkantor Jörg J. Schwab an der Orgel produziert. Mal ist es sakrale Kirchenmusik, aber auch Variationen über "Weißt du, wie viel Sternlein stehen", versucht Knor zu visualisieren. Der Titel der Installation: "Sieh doch zum Himmel hinauf und zähl die Sterne".

Der aufwendige Aufbau beeindruckte auch den Vorsteher des Zweckverbandes Mittelrhein, Bertram Fleck: Er hob bei der Eröffnung der Luminale noch einmal die besondere Dimension hervor: Sechs Techniker arbeiteten eine Woche in Liebfrauen und installierten allein 150 Strahler. Keine Frage: Schon bei ihrem Auftakt geht von der Luminale eine besondere Faszination aus. Ob das Event nun dauerhaft am Mittelrhein heimisch wird, hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Finanzierung und dem Echo in der Bevölkerung. Helmut Bien will genauso wenig wie Bertram Fleck darüber spekulieren, ob die Luminale auch in zwei Jahren wieder das Welterbetal erleuchten könnte.

Vorerst bleibt es ein Versuch, Orte mit einzubeziehen, die sich rund 100 Kilometer vom geistigen Zentrum, der Fachmesse "Light+Building" in Frankfurt, entfernt befinden. Ob er gelungen ist, lässt sich erst nach dem 11. April sagen. Aber wenn ein Frankfurter Flughafen auf dem Hunsrück liegen kann, warum sollte die Luminale nicht dauerhaft am Mittelrhein landen?

    (il/wd/spe)

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