Aus Ahnungen geborene Farbräume

Text:  Dr. Lieselotte Sauer-Kaulbach (Rhein-Zeitung)

Für Birgit Luxenburger ist das Malen vor allem auch eine Frage der Emotion. Ihre Bilder, in denen die Künstlerin virtuos mit Farben spielt, sind nun im KUNSTRAUM des KM 570 in Ehrenbreitstein zu sehen.

 

Neue Ausstellung des Kunstvereins Mittelrhein   -KM570-   widmet sich dem Werk von Birgit Luxenburger

Koblenz. Es könnte der Blick aus einer dunklen Felsenhöhle hinaus ins Licht, in strahlende Himmelsbläue oder schimmerndes Meergrün sein. Eine ganze Wand des Ausstellungsraumes des Kunstvereins Mittel‐ rhein (KM) 570 in Ehrenbreitstein ist von dieser Impression beherrscht, von Bildern in unterschiedlichsten Formaten von Karteikartengröße bis zum objektartigen Kasten.

Geschaffen hat diese Bilder die 1951 im Saarland geborene, in Frankfurt lebende Birgit Luxenburger, und eigentlich haben sie mit Landschaften gar nichts zu tun. Denn die Künstlerin, die in Saarbrücken und in der Frankfurter Städelschule studierte, hat mit Gegenständlichkeit nichts am Hut, arbeitet vielmehr seit Langem abstrakt. Die Räume ihrer Arbeiten sind reine Farbräume, gewachsen aus einander überlagern‐ den, transparenten Schichten aus Pigmentfarben. In einer Vorlesung beschrieb Luxenburger ihre Inspirati‐ onsquellen, ihre Vorgehensweise einmal so: Am Beginn der Arbeit gebe es innere Bilder, vage Vorstellungen, diffuse Ideen, Ahnungen eher.

Vorstellungen, Ideen, Ahnungen, die erst langsam Gestalt annehmen, dann, wenn Luxenburger in ihrem

Frankfurter Atelier, das sie nach langen Jahren in der Mainzer Waggonfabrik erst in diesem Jahr gefunden und bezogen hat, quasi um die auf dem Boden liegenden Bilder „tanzt“. Wenn sie mit ihnen – und das gilt für die gänzlich neu entstehenden genauso wie für ältere Arbeiten, die sie wieder einmal hervorholt – in kreativen Dialog tritt.

Wesentlich ist vor allem die als Erstes, nun anders als früher nicht mehr reliefartig, sondern hauchdünn aufgetragene Farbe. Alles andere, meint Luxenburger, sei eine Reaktion darauf. Und bei der nimmt sie sich in ihren neueren Arbeiten erheblich mehr Freiheit. Bestimmten bis vor einiger Zeit noch horizontal und vertikal ausgerichtete Pinselschwünge das Geschehen auf dem Malgrund, bei den gezeigten Bildern meist Karton, wächst sich Farbe nun organischer, flächiger aus. Das Pastose früherer Arbeiten ist verschwunden, gewichen einer neuen Leichtigkeit des Farbseins. Vielleicht ist es die damit einhergehende Verquickung der Dimensionen, die beim betrachtenden Gegenüber landschaftliche Assoziationen, das Gefühl, in weite Ferne zu blicken, hervorruft.

Vorn und hinten, oben und unten, links und rechts werden austauschbar. Tiefer liegende, ab und zu beinahe zeichnerisch strukturierte Farbschichten drängen plötzlich wieder nach oben, darüberliegende treten zurück. Luxenburger spielt nicht nur virtuos mit Hell und Dunkel, um ihren Bildern diese faszinierende, den Blick einsaugende Tiefenwirkung zu verleihen, sondern auch mit unerwarteten Farbakzenten. Allzu große Harmonie wird aufgesprengt, Spannung schleicht sich ein.

Und so hängen der Wand mit dem „kühlen Gletschergrün“, wie sie es selbst nennt, im KUNSTRAUM Arbeiten gegenüber, die von Tönen der wärmeren Rotskala dominiert sind. Am Anfang, räumt die Künstlerin auch ein, sei das Malen vor allem eine Frage der Emotion, ein gefühlsmäßiges Sicheinlassen auf neues, unbekanntes Terrain. Erst allmählich, bei der Entscheidung darüber, ob ein Bild jetzt fertig sei, bei seiner Bewertung, kommt dann die Ratio ins Spiel.

 

Donnerstag, 01. Oktober 2020, Rhein-Zeitung Koblenz & Region, Kultur

 

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